Ralf Jarchow

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Die Armenier und die Bundespräsidenten

Mit Völkermord an den Armeniern und der Mitschuld der Deutschen hat Bundespräsident Joachim Gauck 2015 das ausgesprochen, was bereits vor 100 Jahren hätte gesagt werden müssen. Doch da hieß es:

    Unser einziges Ziel ist, die Türkei bis zum Ende des Krieges an unserer Seite zu halten, gleichgültig ob darüber Armenier zu Grunde gehen oder nicht. Bei länger andauerndem Kriege werden wir die Türken noch sehr brauchen. So der deutsche Reichskanzler Bethmann Hollweg 1915, als der Genozid an den Armeniern durch das Osmanische Reich bereits in vollem Gange war.

Nach Gaucks deutlicher und politisch querschlagener Rede, war es 1 Jahr später ein Stück "leichter geworden" eine Resolution zur Anerkennung des Völkermordes an den Armeniern und der Mitschuld Deutschlands in den Bundestag einzubringen, der achtenswerterweise alle Parteien mit überwältigender Mehrheit zustimmten. Doch fehlten an diesem Tag die wichtigsten Regierungsmitglieder: Merkel, Gabriel und Steinmeier ...
      Neben dem Glanz seiner Abwesenheit äußerte der Außenminister zuvor, dass es mit der Entscheidung für den Genozidbegriff allein nicht getan sei. Aber schon direkt nach Gaucks Benennung Völkermord, die auch Bundestagspräsident Lammert genauso deutlich übernimmt, wurde Steinmeier auffällig, als er argumentierte, dass man damit denen Vorschub leisten würde, die behaupten Der Holocaust hat eigentlich vor 1933 begonnen. ... Häääh?
      Eigentlich sollte man als Deutscher in einem solchen Amt in Kenntnis der eigenen Geschichte verstanden haben, dass der Begriff des Genozids keinen Unterschied zwischen Völkern und in der Zahl der Ermordeten macht, und dass es eine besondere moralische wie humanistische Verpflichtung gibt, Völkermord als Völkermord zu bezeichnen, eben damit es   NIE   WIEDER   zu einem Holocaust kommen kann, egal ob es sich um 6 Millionen Juden oder (bis zu) 1,5 Millionen Armenier handelt. Stattdessen will man es sich mit der Türkei (wieder) nicht verscherzen, wozu neben anderem auch der fragwürdige Flüchtlingsdeal der EU mit der Türkei zählt, der ja besonders für Deutschland von Interesse ist (... werden wir die Türken noch sehr brauchen ...). Ein Deal mit einem Land, welches auch schon vor Gaucks Rede die Meinungs- und Pressefreiheit eingeschränkt hat. Und heute sprechen Notstandsgesetze eine noch deutlichere Sprache, wie auch Massenentlassungen und -inhaftierungen politischer Gegner, drohende Verfassungsänderungen und Wiedereinführung der Todesstrafe, Parteienverbot, und ... da sind wir wieder ... Repressionen, diesmal gegen das kurdische Volk.

      Es gibt viele grausame und schlimme Verbrechen, aber keins ist schlimmer als der Genozid, der systematische Massenmord an einem ganzen Volk, an Frauen, Kindern und Männern – Kranken, Alten und Schwachen, oftmals vor der eigenen Familie gefoltert und abgeschlachtet. Wer hier nicht einschreitet, ist mitschuldig, von der Hauptschuld der eigentlichen Täter ganz zu schweigen. Deutschland hatte hier vor 100 Jahren aus strategischem und diplomatischem Kalkül heraus gehandelt und zugesehen. Und heute? Während 2 Päpste, etliche Staaten, der Zentralrat der Juden in Deutschland, unser Bundestag und unser Bundespräsident ohne Umschweife von Völkermord reden, diplomatisiert sich der Außenminister in die Konturlosigkeit (... werden wir die Türken noch sehr brauchen ...).
      Es gibt Grenzen in der Diplomatie, insbesondere aber bei dem schlimmsten aller Verbrechen, bei dem   NIEMALS   aus jedweden Kalkül heraus weggeschaut werden darf, weder während des Geschehens, noch in seiner Benennung Völkermord. Wenn wir den Genozid von gestern leugnen oder verschweigen, machen wir den Genozid von morgen möglich!
      Ein Bundespräsident hat mit menschlichem Format immer Akzente zu setzen, auch unbequeme. Das tat Gauck durch seine Rede!
Ist dieses Format jedoch nicht erkennbar, gehört er auch nicht in das Amt. ... Warten wir nun auf Gaucks Nachfolger ...

 

© 2017 Ralf Jarchow